Kann ein Hund ADHS haben?

Viele Hundehalter kennen das Problem: Der Vierbeiner kommt nur schwer zur Ruhe, lässt sich leicht ablenken und reagiert empfindlich auf äußere Reize. Symptome, die zumindest bei Menschen auf eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) hindeuten. Doch können auch Hunde an einer Art von ADHS leiden? Diese Frage ist in der Forschung noch nicht eindeutig geklärt. Forschende der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest haben sich dieser Frage in einer neuen Studie gewidmet – und dabei überraschende Ergebnisse erzielt.

ADHS bei Hunden – Eine neue Forschungsperspektive

Wenn Menschen Symptome wie Konzentrationsschwäche, Hyperaktivität oder Impulsivität zeigen, können sie Fragebögen ausfüllen, um eine Diagnose zu erhalten. Bei Hunden fehlen bisher solche präzisen Diagnoseinstrumente. Die bisherigen Fragebögen zielen nicht auf eine genaue Einordnung der Verhaltensauffälligkeiten ab.

Das Forschungsteam aus Budapest hat auf dieser Grundlage einen neuen Fragebogen entwickelt: die Dog ADHD and Functionality Rating Scale. Insgesamt 1.168 Hundebesitzerinnen und -besitzer wurden befragt. Das Ergebnis dieser Umfrage zeigt, dass verhaltensauffällige Hunde überraschend viele Gemeinsamkeiten mit von ADHS betroffenen Menschen haben.

Die Untersuchung: Drei Hauptkategorien der Verhaltensauffälligkeiten

Springender hyperaktiver Hund

Ist Ihr Hund hyperaktiv? Die Forschenden untersuchten ADHS-ähnliche Verhaltensauffälligkeiten bei Hunden, die immer wieder zu Herausforderungen im Alltag führen. Basierend auf den gesammelten Daten unterteilten sie die Verhaltensprobleme der Hunde in drei Kategorien, wie im Fachmagazin „Scientific Reports“ beschrieben.

1. Aufmerksamkeitsstörungen

Diese äußern sich besonders im persönlichen Umgang und der Kommunikation mit den Tieren. Betroffene Hunde haben Probleme, sich beim Training auf den Menschen zu konzentrieren, und lernen Kommandos dadurch deutlich langsamer. Außerdem tendieren sie häufig dazu, die gelernten Tricks schneller wieder zu vergessen.

2. Hyperaktivität

Das besonders bei jungen Hunden auftretende Symptom zeigt sich laut Report vor allem durch anhaltend unruhiges Verhalten. Den Hunden fällt es trotz eines einstudierten Kommandos oft schwer, stehen oder sitzen zu bleiben. Auch bei Menschen mit ADHS äußert sich die Hyperaktivität durch hohen Bewegungsdrang – das betrifft vor allem Kinder. Bei Erwachsenen kann sich dies durch innere Unruhe und Nervosität bemerkbar machen.

3. Impulsivität

Diese Kategorie fällt durch die Neigung auf, ohne Weitsicht auf unmittelbare Triebe und Reize zu reagieren. Dazu kommt in einigen Fällen eine fehlende motorische Kontrolle und ungeduldiges Verhalten. Nimmt der Hund zu viele Reize auf einmal wahr, kann das auch zu einer Kurzschlussreaktion führen.

Weitere Beobachtungen und Parallelen zu ADHS beim Menschen

Als Folgeerscheinung dieser Symptome hat das Forschungsteam bei einigen Hunden die Vokalisation beobachtet, also das laute Bellen und Jaulen, auch ohne besonderen Anlass. Auffällig ist, dass männliche Hunde eher zu solchen Verhaltensweisen neigen als weibliche.

Mark Benecke, renommierter Wissenschaftler und Kriminalbiologe, sieht Parallelen zwischen den Verhaltensproblemen von Hunden und ADHS beim Menschen. Er erklärt, dass bei Menschen mit ADHS, insbesondere Männern, auch Aggression und impulsives Verhalten häufiger auftreten. Diese Beobachtungen legen nahe, dass es Ähnlichkeiten in den neurologischen Mechanismen geben könnte, die sowohl Hunde als auch Menschen betreffen.

Zukünftige Forschung und Implikationen

Es ist wichtig anzumerken, dass die Ergebnisse dieser Studie noch weiterer Untersuchungen bedürfen, um zu bestätigen, ob Hunde tatsächlich an einer Form von ADHS leiden können. Bisher wird bei Hunden vor allem das Hypersensitivitäts-Hyperaktivitäts-Syndrom (HSHA) diagnostiziert. Dennoch könnten die Erkenntnisse dieser Studie einen bedeutenden Fortschritt in der Hundepsychologie darstellen, indem sie neue Wege zur Erforschung und Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten bei Hunden aufzeigen.

Schlussfolgerung

Die Forschungsergebnisse der Eötvös-Loránd-Universität in Budapest bieten spannende neue Einblicke in das Verhalten von Hunden und mögliche Parallelen zu ADHS beim Menschen. Die neu entwickelte Dog ADHD and Functionality Rating Scale könnte ein wertvolles Werkzeug für die Diagnose und Behandlung von Verhaltensauffälligkeiten bei Hunden werden. Weitere Forschung ist jedoch notwendig, um die ersten Ergebnisse zu bestätigen und die zugrunde liegenden Mechanismen besser zu verstehen. Dies könnte nicht nur die Lebensqualität der betroffenen Hunde verbessern, sondern auch wertvolle Erkenntnisse für die allgemeine Hundepsychologie liefern.

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